Unerwünschtes Verhalten

Was ist unerwünschtes Verhalten und welche Ursachen hat es ?

Übermäßiges Interesse an Schafen
Übermäßiges Interesse an Schafen – was ohne Leine und Zaun leicht zur Jagd und Hetzen führen kann.

Unerwünschtes Verhalten des Hundes

Beurteilung des unerwünschten Verhaltens

Was ist ’schlechtes‘ oder ‚unerwünschtes‘ Verhalten bei einem Hund ?

Schlechtes oder ungezogenes Verhalten kann alles sein, was Menschen als solches bezeichnen: Normalerweise ist es unerwünscht, lästig, peinlich oder möglicherweise gefährlich.
Das Problem mit dieser Bezeichnung ist, dass dieses Verhalten oft mit einer Bestrafung verbunden wird, die je nach Person, die sie ausübt, unterschiedlich streng ausfällt.

Dieser Ansatz ist grundsätzlich fehlerhaft, da ein Verhalten nur dann ’schlecht‘ oder ‚ungezogen‘ ist, wenn der ‚Täter‘ sich ‚bewusst‘ ist, dass es sich um eine Übertretung handelt.
Dies nennt man Anthropomorphismus, da wir ja im Allgemeinen davon ausgehen, dass Hunde nicht die kognitiven Fähigkeiten für eine solche Doppelmoral haben.

Ein Beispiel

Hund im Tierheim
Ein Hund im Tierheim schaut skeptisch.
Ein sechs Jahre alter, schwarzer und kastrierter Labrador-Mischling wird nach einem Jahr in einem Tierheim von einem freundlichen und im Umgang erfahrenen Ehepaar, zusammen mit einem anderen Hund, adoptiert.
Einige Wochen später melden sich die neuen Halter wieder und beklagen sich, dass der schwarze Labrador-Mischlingsrüde ein potenziell aggressives Verhalten gegenüber Menschen an den Tag legte, welches er aber zuvor im Tierheim überwunden zu haben schien.

So fragte sich die Besitzerin des Hundes, wie es dieser denn verstehen könnte, dass er sich schlecht benommen hatte, wenn er nicht ermahnt wird ?
Mit anderen Worten: Wie kann ein Hund zwischen akzeptablem und inakzeptablem Verhalten unterscheiden, wenn letzteres nicht durch eine negative Reaktion gekennzeichnet wäre?
Dies ist eine sehr wichtige Frage, die einen großen Einfluss darauf hat, wie man die Ausbildung im Allgemeinen angeht.

Das Verhalten des Labrador-Mischlings war für seine Besitzer aus den eingangs erwähnten Gründen ’schlecht‘. Der Hund war jedoch nicht absichtlich böse, sondern reagierte lediglich auf eine normale Art und Weise auf die Emotionen, die er gerade empfand. In diesem Fall war es das Gefühl von Angst, und sein Verhalten spiegelte dies wider.

Die Lösung ist eindeutig nicht die Bestrafung, da dies nur seine Ängste vergrößert und das Verhalten lediglich vorübergehend unterdrückt, ohne die Ursache zu bekämpfen. Es ist daher besser, sich darauf zu konzentrieren, dass der Hund sich besser fühlt, damit er in diesem Fall seine Ängste vor Fremden überwindet.

Hund zeigt potenziell aggressives Verhalten
Dieser Hund zeigt potenziell aggressives Verhalten, wenn andere Hunde vorbeigehen.

Formung des Verhaltens eines neuen Hundes

Wenn ein neuer Hund in die Familie kommt, ist es wichtig zu berücksichtigen, dass sich das Leben des Tieres damit dramatisch verändert hat. Es kann daher einige Zeit dauern, bis er sich eingelebt hat und der Halter ihn richtig kennt. Er wird vom Halter abhängig sein, um sich zu orientieren und seinen Tag zu strukturieren.

Bevor der neue Hund zu Hause ankommt, sollte man bereits wissen, was er im Haus und außerhalb des Hauses tun soll und was er lassen soll. Bei einem Rescue-Hund hat man vielleicht schon einige Informationen über sein Verhalten im Tierheim, der Pflegestelle oder dem früheren Zuhause erhalten.
Derartige Tipps können sehr nützlich sein, da man so womöglich dieses Verhalten vorhersehen und somit eingreifen kann, bevor es ein Problem gibt.

Wenn es derartige Informationen nicht gibt, braucht man sich deswegen keine großen Sorgen zu machen, da es sowohl für den Halter aus auch für den Hund ein Neustart ist, denn die Eingliederung in eine Familie oder auch Hundeheim wird maßgeblich vom Menschen bestimmt. Dies trifft genauso bei der ersten Adoption, wie bei vielleicht schon der fünften zu.

Um unerwünschte Verhaltensweisen wirksam in den Griff zu bekommen und zu ändern, muss man an das Problem unvoreingenommen herangehen. Dazu ist es notwendig, das Verhalten des Hundes mit einem analytischen Blick zu betrachten und eine positive mentale Einstellung zu haben. Dazu gehört auch, selbst davon überzeugt zu sein, dass man dem Hund helfen kann, wenn er ein unerwünschtes Verhalten zeigt.

Davon überzeugt zu sein, das Verhalten des Hundes zu ‚formen‘ und nicht zu ‚ändern‘, ist eine wichtige Voraussetzung zum Erreichen des Zieles. Dies führt zu der positiven Einstellung, wenn auch nur ein kleiner Teil des zuvor unerwünschten Verhaltens ‚entschärft‘ wurde, dass man schon einen Erfolg erzielt hat – und nicht zu dem negativen Effekt, dass man gescheitert ist, nur weil sein Verhalten nicht sofort und auf einmal vollständig geändert ist.


Ursachen der Verhaltensauffälligkeit

Theater im Vorgarten
Theater im Vorgarten, wenn fremde Hunde passieren.

Die wichtigsten Fragen, die es bei einem unerwünschten Verhalten gibt, sind: Wann und wo zeigt der Hund dieses Verhalten und worin drückt sich dieses aus?

Was: Welches Verhalten zeigt der Hund ?
Wann und wo: Wann und wo tritt dieses Verhalten auf und passiert es jedes Mal ?
Wieso: Prüfe, wieso der Hund sich auf diese Weise verhält.

Die Antworten auf diese Fragen helfen dabei, die Ursachen für das Verhalten zu ermitteln. Dazu sollte man sich von Anfang an Notizen über das Verhalten seines Hundes machen. Vor allem sollte man alles auflisten, was als ungewöhnlich erscheint oder den Alltag und die tägliche Routine stört.
Selbst kleine Details können sehr wichtig sein, um sich ein Bild davon zu machen, was vor sich geht. Sobald man die Antworten auf diese Fragen hat, kann man die Frage nach dem ‚Warum‘ stellen.

Auch sollte man nicht vergessen, dass vielleicht auch das eigene Verhalten die Ursache für das unerwünschte Verhalten des Hundes ist. So sollte man sich auch überlegen, wie die eigenen Handlungen oder gar Unterlassungen (z.B. zu wenig Zeit oder Spaziergänge) das Verhalten des Hundes beeinflussen könnten.

Trotzdem sollte man immer daran denken, egal wie sehr der Hund das unerwünschte Verhalten zu verstehen scheint oder sich wie ein ungezogenes Kind verhält: ein Hund bleibt immer ein Hund!
Deshalb wird er auch sich immer so benehmen. Hunde können treue Gefährten und auch liebevolle Freunde sein, aber wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir uns das ursprünglich einmal vorgestellt haben, kann der ein oder andere sehr schnell enttäuscht sein. Deshalb muss man realistisch sein, um sein Verhalten effektiv beeinflussen zu können und nicht zu viel und zu schnell erwarten.

Warum verhält sich der Hund auf unerwünschte Weise?

Ein Verhalten entsteht nicht ohne Ursachen, denn jedes Verhalten ist das Ergebnis einer bestimmten Motivation.
Indem wir diese Motivation identifizieren, können wir die notwendigen Antworten erhalten, um eine Strategie zum Abbau des unerwünschten Verhaltens entwickeln.

Wir können den Antrieb des Hundes, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, ändern, indem wir negative Emotionen eliminieren oder dagegen wirkende, positive Emotionen hervorrufen. Alternativ können wir auch einen womöglich vorhandenen Verstärker für diese negativen Emotionen ausschalten.

Deshalb sollte ein Aktionsplan erstellt werden. Dieser sollte mit einem Besuch beim Tierarzt beginnen, um sicherzustellen, dass es keine medizinischen Gründe für das Verhalten gibt, über das es Sorgen gibt.
Ein Verhaltenstherapeut kann ebenfalls eine Möglichkeit sein, wenn man das Gefühl hat, dass zusätzliche Hilfe benötigt wird, oder für einige der schwerwiegenderen Probleme wie Aggression.

Gebell, wenn ein Besucher vor der Tür steht
Gebell, wenn ein Besucher vor der Tür steht, was auf viele Menschen bedrohlich wirken kann.

Evolutionäre Ursprünge einer Verhaltensweise

Warum haben Hunde ein bestimmtes Verhalten in ihrem Repertoire? Die Antwort auf diese Frage gibt einen Anhaltspunkt zum Verständnis.
Mitglieder der Canidae-Familie, wie Wölfe und Dingos, markieren beispielsweise in freier Wildbahn die Grenzen ihres Territoriums durch Urinieren – und auch ein glücklicher, gut angepasster Hund kann dies in einem neuen Zuhause tun.

Wenn dieses Verhalten jedoch übermäßig auftritt, sollte man die Ursache im Zusammenhang mit seinem Revierverhalten suchen. Die evolutionären Ursprünge des Verhaltens geben einen Anhaltspunkt und helfen, sich auf die Problemfelder zu konzentrieren, die ein Hund zeigen kann.

Kettenhund verängstigt
Dieser Kettenhund ist völlig verängstigt.

Mindmap zu Verhaltensproblemen

Es ist manchmal schwierig, eine Frage zu beantworten, wenn wir uns in einer Situation befinden, in der die Emotionen hochkochen.
Eine Mindmap ist eine schnelle und einfache Möglichkeit, all diese konkurrierenden Erinnerungen festzuhalten, und hilft, die Gemeinsamkeiten herauszufinden.

Deshalb ist es wichtig, die Schlüsselfragen zu einem Verhalten beantworten zu können: ‚was, wann, wo und warum?‘

Typische Beispiele wären:
Kommt nicht aus dem Garten, wenn andere Hunde am Zaun vorbeilaufen;
Bellt, schnappt oder knurrt andere Hunde an oder beißt sogar;
Ist bei Spaziergängen nervös und schaut dabei hinter sich;
Zwickt den Halter, wenn er angefasst wird;
Dreht sich an der Leine im Kreis herum;
Zerrt an der Leine;
Schreit oder heult jedes Mal, wenn er einen anderen Hund sieht;
Schnappt oder hat den Hundeführer ins Bein gebissen;
u.s.w.


Häufige Verhaltensprobleme bei Rescue-Hunden

Terrier hetzt
Dieser Terrier hetzt, wobei er aber vor allem nur seinen Bewegungs- und Betätigungstrieb auslastet.

Stubenreinheit

Bei Hunden, welche ihr bisheriges Leben zumeist auf der Straße oder im Tierheim verbracht haben, können öfters Probleme bei der Stubenreinheit machen. Bei ihren bisherigen Aufenthaltsorten haben es Rescue-Hunde einfach nicht gelernt, sich nicht im Haus oder der Wohnung zu erleichtern, da sie noch niemals ein richtiges Zuhause hatten.

Alleinbleiben

Ein neuer Rescue-Hund möchte natürlich nicht gerne allein Zuhause gelassen werden. Wie alle Hunde, leiden auch sie unter Verlassens-Angst, da sie Rudeltiere sind und der Kontaktverlust zum Rudel oder Rudelführer in der Natur gefährlich ist.
Der Neuankömmling kennt sein Zuhause kaum, fühlt sich fremd und kann, wenn es aus seiner Sicht gefährlich wird, nicht flüchten. Wenn die Bezugsperson nicht da ist, geraten viele Hunde anfangs in Panik, wobei sie auch Teile des Mobiliars oder sonstige Einrichtungsgegenstände zerstören können.

Jagen

Viele Rescue-Hunde wurden bereits mit einem starken Jagdinstinkt geboren. Diese Straßenhunde und Streuner aus den südlichen Ländern haben sich häufig auch durch die Jagd ernährt. Für sie bedeutet es instinktiv, wenn sie nicht mehr jagen würden, den Tod. Außerdem werden im Süden ein großer Anteil der Hunde gerade zur Jagd gezüchtet und viele von ihnen landen auf der Straße.

Ängstlichkeit

Viele der Rescue-Hunde sind ängstlich und sensibel. Dieses Verhalten schützte sie vor allen möglichen Gefahren, über den Menschen bis hin zum Verkehr und anderen Hunden.
Obendrein sind sie oft ungenügend auf Menschen geprägt und sozialisiert.

Aggression

Hunde bestimmter Rassen, welche in südlichen Ländern für besondere Aufgaben gezüchtet werden, wie zum Beispiel Herdenschutz- oder Wachhunde, neigen zumeist zu einem gesteigerten Aggressionsverhalten.
Bei anderen Hunden kann dies aus Angst oder der Verteidigung von Futter und Ressourcen passieren, was gerade für ehemalige Straßenhunde in der Vergangenheit zum Überleben wichtig war. Dann gibt es noch die Hunde-Charaktere, die generell den Angriff als beste Verteidigung ansehen und nicht zurückstecken.

Stehlen

Stehlen wird oft mit einem Schmunzeln abgetan, aber wenn es zunimmt und für den Halter ärgerlich oder für den Hund bei den falschen Objekten oder Nahrungsmittel gefährlich werden kann, kann dieses Verhaltene ebenfalls unangenehm werden.
Hunde stehlen zumeist, um Nahrung zu erbeuten und bei den meisten passt selbst nach guter Fütterung immer noch etwas in den Magen, vor allem wenn es lecker schmeckt oder riecht und eigentlich einer Person gehört.
Dazu gehören auch die Kameraden, welche so ziemlich alles stehlen, was sie kriegen können und für schlechte Zeiten im Garten verbuddeln oder unter dem Teppich oder hinter dem Sofa verstecken.
Rescue-Hunde stehlen hauptsächlich nur aus Gründen der Gewohnheit, weil sie sich in der Vergangenheit auf diese Weise auf den Straßen durchs Leben geschlagen haben.

Hund stiehlt
Auch das fällt unter Diebstahl: mal schnell den Teller auf dem Tisch ’sauber‘ gemacht.

t arrow1 Wie man derartige Probleme angehen kann, wird hier beschrieben: Verhaltensformung mit dem Klicker.


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